Es fliegen die Jahre dahin.
Es vergeht die Zeit.
Es verblassen die Ereignisse.
Wo ist die Wahrheit?
Und wo ist das Endergebnis?
Wo ist die Schlußfolgerung?
Dmitri Demin

Beschluß *)
der intemationalen wissenschafflichen Jubiläumskonferenz
„90 Jahre Tunguskaprobleme" (Krasnoyarsk, 30. Juni-2. Juli 1998)

Vom 30. Juni bis 2. Juli 1998 wurde in Krasnojarsk die internationale wiessenschaftliche Jubiläumskonferenz durchgeftihrt, die dem 90. Jahrestag der Tunguskameteoritenkatastrophe gewidmet war.

An dieser Konferenz haben mehr als 100 Wissenschaftler aus Rußland, Italien, USA, England und Japan teilgenommen, Vorsitzende von administrativen und gesellschaftlichen Organisationen aus dem Gebiet Krasnojarsk, des autonomen Gebietes der Ewenken sowie der Organisation „ARUN", Vertreter von Einrichtungen aus dem Gebiet, Kosmonauten aus Rußland, Polen und Deutschland. Mitarbeiter der zentralen und der ortlichen Presse sowie von Radio und Femsehen. Im Verlaufe von 3 Tagen wurden mehr als 60 Vorträge gehalten, die unterschiedlichen Aspekten der derzeitig noch ungelosten Probleme gewidmet waren.

Von verschiedenen Seiten wurde Bilenz gezogen, daß die Kooperation im Rahmen einer intemationalen Zusammenarbeit bei den wissenschaftlichen Untersuchungen zu Problemen des Tunguskameteoriten feht. Die Referenten und Diski'ssionsredner haben herausgestellt, daß derzeitig ein umfangreiehes Material vorliegt und systematisiert wurde, das sich auf physikalische Kenngrößen des Tunguska-Phänomens bezieht, auf Elemente und Isotope des vermuteten Stoffes beim Tunguskaineteoriten, aufgeophysikalische Effekte, die Katastrophe begleitet haben sowie auf die sofortigen und späteren ökologischen Folgen. Es wurde festgestellt, daß die Tunguskakatastrophe noch mehr Informationen enthält, insbesondere bezülglich ihrer Folgen beim Zusammenstoß des kosmischen Objektes mit der Erde und seiner Zivilisation. Die Wiederholung einer gleichartigen Situation würde in der derzeitigen Epoche mit großer Wahrscheinlichkeit zu gewaltigen Menschenopfern fiihren und möglicher Weise zur Zerstörung des Sicherheitssystems sowie von großen Kraftwerken. Das TNT-Äquivalent des Tunguskameteoriten war etwa 2000 mäl größer als das der Atombombe von Hiroshima. Die Wiederholung einer ähnlichen Situation auf dem Territorium von hochentwickelten Industriestaaten würde zu katastrophalen Folgen führen, zu ähnlichen Situationen, wie sie im Ergebnis der Tscherno-bylkatastrophe entstanden sind.

Dacher schließen die weiteren Untersuchungen zu den Problemen des Tunguskameteoriten auch Betrachtungen wichtiger internationaler und globaler Interessen im Zusammenhang mit notwendigen Grundmaßstäben zur Schaffung einer effektiven Verteidigung der Zivilisation vor katastrophalen Folgen beim Zusammenstoß der Erde mit kosmischen Objekten.

Ein wichtiger Schritt bei den Untersuchungen zum Tunguskameteoriten war die Schaffung eines Tunguskanaturschutzgebietes auf der Grundlage eines. Beschlusses der Regirung Rußlands, in dem die künftigen Untersuchungen zu den Folgen der Tunguskakatastrophe organisiert und koordiniert erfolgen müssen. Derzeitig beginnen die Arbeiten zur Erstellung eines komplexen intemationalen Programme zur ökologischen und territorialen Untersuchung dieses Natur-schutzgebietes.

Im Gebietet von Krasnojarsk werden perspektivische Arbeiten zur Erforschung des Gebietes in diesem Territorium durchgeführt, die sich auf unbekannte Spuren des Zusarnmenstoßes unserer Erde mit dem kleinen Objekt des Sonnen systems beziehen. In diesem Zusammenhang wird von der Konferenz herausgestellt, daß die Frage über die Natur des kosmischen Tunguskakörpers bis jetzt noch nicht geklärt ist und die Wahl zwischen 4 Grundhynothesen, die für seine Erklärung vorgeschlagen wurden, noch nicht entschieden ist. In Zusammenhang damit mussen die Arbeiten intensiviert werden, insbesondere in den folgen Hauptrichtungen:
Berechnungen und wiessenschaftliche Untersuchungen zur physikalischen Mechanik der Tunguskaexplosion (einschließlich der Computermodellierung). " Ausarbeirung einer Theorie fur die Zertrümmerung großer Meteoritenkörper in der Erdatmosphäre.
Suche nach dem Stoff des Tunguskameteoriten bei Anwendung moderner Analogieverfahren. " Untersuchungen an charakteristischen Spektren vom Niedergang kosmische Stoffe (Meteoriten) auf die Erdoberfläche.
" Untersuchung der Mechanismtn geophysikalischer Effekte, die im Zusammen­hang mit der Tunguskakatastrophe stehen (Magnetsturm, optische Anomalien des Nachthimmels, Zerstörung der Ozonschicht der Erde, Polarisations- und aktinometrische Effekte).

" Monitoring-Effekte, insbesondere genetischer Art infolge der Tunguska-katastrophe auf der Grundlage einer Untersuchung des Zustandes der Biocenose der Verbindungsflusse zwischen der Podkameni Tunguska und der Unteren Tunguska.

Die Durchfuhrung dieser Arbeiten setzt voraus, den komplexen Plan zur Enrwickhmg des Naturparks „Tunguska" anzunehmen, der das grundlegende Versuchsfeid für die künftigen Untersuchungen darstellt.

Daraus folgt, deB die Arbeiten an den aulgezeigten Probiemen in Zukuiift mit groBen finanziellen Schwierigkeiten verbunden sein werden und man vor der Verwirklichung des Programms in der Natur zunächst die Labor- und Berechnun-gsarbeiten durchflihren sollte.

Beschliisse der Konferenzteilnehmer:
1. Annahme und maximale Unterstutzung zum Aufruf der ersten okologischen Expedition durch Kosmonauten aus 4 LSndern zur Schaffung des Parks Nr. 1 in Ewenkien auf unserer Erde.
2. Prufirag der Moglichkeiten zur Schaffung ernes internationalen Bankkontos unter Einbeziehung des Internet fur Probleme des Tunguskameteoriten und dazu angerezende Probleme.
3. Durchführung von Entwicklungsarbeiten für neue methodolodische und methodische Schritte zur komplexen Untersuchung der Tunguskakatastrophe von 1908.
4. Vergleiche zur Zweckmäßigkeit einer konzentrierten Forschung in folgenden Hauptrichtungen:
experimenteile und Computeruntersuchungen an Modellen zur Zertrüm-merung großer Meteoritenkörper in der Erdatmosphäre.
experimenteile und Computeruntersuchungen an Modellen zur Tunguska-explosion.
Untersuchungen zum Mechanismus des geomagnetischen Effektes am Beispiel des Tunguskameteoriten, der eine so gewaltige Explosion verursacht hat sowie Vergleiche mit nuklearen und nichtnuklearen Explosionen.
Untersuchungen zu den Mechanismen thermischer, Druck- und seismischer Effekte im Zusammenhang mit der Tunguskakatastrophe, insbesondere Untersuchungen zum Waldbrand von 1908, der im Zusammenhang mit der Tunguskaexplosion steht.
Analyse der Ursachen für die Zerstörung der Thermolummiszen-zeigenschaften des Bodens und des Lebens in den Bergregionen der Tunguskakatastrophe sowie ihres möglichen Zusammenhangs mit der harten Komponente im Spektrum der Strahlumg bei der Tunguskaexplosion.
Untersuchungen zum örtlichen Ablauf des geomagnetischen Effektes der Tunguskaexplosion, die sich in Veränderungen der paläomagnetischen Eigenschaften des Bodens sowie des Lebens in den Bergregionen des Katastrophengebietes gezeigt hat.
Fortsetzung und Verfeinerung der Untersuchungen zur Elemente- und Isotopenanomalie im Katastrophengebiet, die wahrscheinlich mit dem Stoff, aus dem der Tunguskameteorit bestand, im Zusammenhang gesehen werden milssen. Dazu sind Vergleichsmessungen mit Kontrollgebieten auf unserer Erdkugel durchzuflihren (so z. ß. auf Kamtschatka, in der ständigen Frostzone von Jakutien, im Turuchanskigebiet, in Alaska sowie in Nordkanada). Kehrt man zu dem gewaltigen Programm der ökologischen untersuchungen zuriick, so ergeben sich auch biomedizinische Untersuchungen als Folge der Tunguskakatastrophe. Die geschaffene Organisation kann auch beliebige Naturprozesse auf dem Territorium des Tunguska-Naturparks untersuchen. Mit diesen Zielen können auch entsprechende Arbeiten zu Fragen der Biochemie und der Biokatastrophe im Katastrophengebiet mit dem Anliegen einer Niveauermittlung verschiedenerKenngrößen durchgeführt werden, die fur ein Verständnis sowie für erne Interpretation der Effekte notwendig sind und die unmittelbar mit dem Tunguskameteoriten zusammenhängen. Organisationen, die Untersuchungen durchführen, sollten auch das Vorhandensein von „genetischen Spuren" der Tunguskakatastrophe bei den Ureinwohnern den Ewenken überprüfen.
Realisierung einer internationalen Zusammenarbeit mit einem Vergleich der Ergebnisse über die Tunguskakatastrophe mit den Erkenntnissen über den „Brasilianischen Zwilling" des Tunguskameteoriten, wozu die Schaffung von Kontakten zu Wissenschaftlern aus Brasilien und des Vatikans erforderlich ist.
5. Es ist notwendig, hinreichend vollständige Informationen über die geologischen Kenngrößen des Katastrophengebietes ohne Kenntnisse darilber zu erhalten, welche Interpretation zu den Effekten der Tunguskakatastraphe erfolgte und ohne den dabei aufgetretenen Schwierigkeiten. Die Konferenz wendet sich an das Staatliche Komitee für Naturschutz und Schutz der natürlichen Ressourcen in der Russischen Föderation mit der Bitte, die bisher auf dem Territorium des Naturparks „Tunguska" begonnenen Arbeiten auf der Grundlage von Beschlussen nicht einzustellen oder zu unterbrechen, d.h. aber, keine Bohrarbeiten gemäß den geologischen Aufnahmen im Maßstab 1:50000 auf einer Fläche von 400 km2 schonungslos gegenüber der Umwelt durchzuführen.
6. Das Organisationskomitee der Konferenz wird gebeten, die erforderlichen Dokumente für die Vereinten Nationen mit der Bitte zur Autnahme des Tunguskakatastrophengebietes und des Gebietes, in dem der Sichote-Alinsk- Meteorit niedergegangen ist, in die „Liste der Naturparks unserer Erde" entschprechend den Beschlüssen der UNESCO von 1972 mit der „Konvention iiber die Erhaltung von Kultur- und Naturdenkmäler" zu erstellen.
7. Es ist notwendig, die derzeitigen finanziellen Mittel für die Durchführung der entsprechenden wissenschaftlichen Untersuchungen zu Probiemen des Tunguskameteoriten bereitzustellen sowie seine ökologischen Folgen mit Empfehlungen an die Administration des staatlichen Naturschutzgebeites „Tunguska" unter Einbeziehung von Fachleuten zur Organisierung von wissenschaftlichen Einrichtungen und wissenschaftlichen Exkursionen, zur Ausarbeitung von Reklame- und Marketing-yeransteltungen, die auf ausländische und nationale Touristen orientieren. Es ist notwendig, sich an erfahrene Organisationen der Kreise und Gebiete sowie an die Administration des Naturparks mit der Bitte um Hilfe bei der Organisierung von wissenschaftlich-methodischen und wissenschaftlich-konsultativen Kabinetten für die Einfürung der Touristengruppen innerhalb eines Kurses über Probleme desTunguska-meteoriten zu wenden, über ökologische Folgen der Tunguskakatastrophe sowie über die Besonderheiten dieses Gebietes, aber auch zur Unterstützung durch erfahrene Personen, die wissenschaftliche Untersuchungen durchführen wollen.
8. Es ist die Zweckmäßigkeit von normativen Dokumenten zu prüfen, die die Ordnung bei der Durchführung von beliebigen wissenschaftlichen Forschung- sarbeiten auf dem Gebiet des Tunguska-Naturschutzgebietes regeln und die auf der Grundlage der „Verordnung über öffentliche Informationen" angenommen wurden. Sie wurden vom Institut für Archäologie der Akademie der Wissenschaften ausgearbeitet und enthalnen entsprechende Anweisungen und Informationen.
9. Die Konferenz hält es für zweckmäßig, Untersuchungen auf dem Gebiet von Krasnojarsk nach dem Ort des Meteoritenniedergang durchzuführen und dabei sowohl Aufhahmen aus dem Kosmos zu nutzen als auch Suchaktionen auf der Erdoberfliche vorzunehmen.
10. Die Konferenz hält es inbesondere für erforderlich, Untersuchungen vorzunehmen, um okologische Effekte im Gebiet der Tunguskakatastrophe durch aerokosmische Spumikinformationen, Ergebnisse aus Luftbildern und Luftbildem aus dem jare 1938 unter der Leitung von L.A. Kulik aufzufinden.

Die Teilnehmer der Konferenz danken sehr herzlich der Administration des Gebietes Krasnojarsk, der Leitung des autonomen Gebietes der Ewenken, den gesellschaftlichen Organisationen des Gebietes, der Leitung der Gesellschaft der Nationalen Wiedergeburt der Ewenken „ARUN", den Sponsoren der Konferenz und nicht zuzuletzt auch den Organisatoren der Konferenz für ihren großen Aufwand bei der Vorbereitung und Durchfüung.

Krasnojarsk, d. 02.07. 1998

* На русском языке Решение конференции опубликовано в Тунгусском вестнике № 10, с.4